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07. agosto – 18. setembro 2008
Beat Presser - "Teatro Amazônico"
TEATRO AMAZÔNICO ODER EINE KLEINE GESCHICHTE DES KAUTSCHUK
Ursprung
Es darf angenommen werden, dass der Kautschuk bei den in den tropischen Regenwäldern
Amazoniens beheimateten Indianern bereits vor Tausenden von Jahren zur Anwendung kam.
Aus dem klebrigen Saft des Kautschukbaumes fertigten die Indianer Schuhe, Trinkgefässe,
Vollgummibälle, Spielzeuge und andere nützliche Gebrauchsgegenstände.
Der Ausdruck «Kauutschu» stammt aus dem Indianischen und bedeutet der „weinende Baum“.
Weinend deshalb, weil beim Anschnitt ein weisser Milchsaft (Latex) aus dem Baum tropft.
Kautschukbaum und Latex
Der Kautschukbaum (Hevea brasiliensis) – auch Gummibaum genannt - gehört zur Familie der
Wolfsmilchgewächse (Euphorbiaceae). Hevea brasiliensis erreicht eine Höhe von etwa 30 bis
40 Metern und sein Baumstamm einen Durchmesser von ungefähr 35 Zentimetern.
Die Baumrinde hat eine graugrüne Färbung und die Verzweigung ist gleichmäßig.
Die Blätter sind dreiteilig, dunkel bis hellgrün, mit einer markanten Nervatur.
Jedes Jahr bildet der Kautschukbaum seine Blätter neu. Kautschukbäume bilden im dichten
Urwaldboden keine zusammenhängenden Waldungen und es ist eine Seltenheit, zwei oder drei
Kautschukbäume zusammen zu finden. Die Gewinnung des kostbaren Gutes im feucht-heissen Regenwald,
der Heimat von Anacondas, Alligatoren, Piranhas, Stachelrochen und Brutstätte von Moskitos
ist schwer und gefährlich.
Die Hevea Brasiliensis ist aus botanischer Hinsicht der grösste „Produzent“ des Kautschuks
und hat sich als bestes fertiges Produkt erwiesen. Der Kautschukbaum erlangte große
wirtschaftliche Bedeutung, weil sein als Latex bekannter Saft hervorragend für die
Herstellung von Gummi verwendet werden kann. Gummi besteht aus den langen Fadenmolekülen
des Latex, die durch Zugabe von Pflanzensäften oder industriell durch Vulkanisation
vernetzt wurden, bei Zug strecken sie sich, federn jedoch anschliessend wieder in ihre
Ausgangslage zurück, worauf die Elastizität des Kautschuks beruht.
Christopher Columbus
Es ist Columbus der 1492 nach der Neuen Welt aufbricht und bei seiner Rückkehr erstmals in
Europa von einem hüpfenden Ball berichtet, welchen die Indianer zu Ballspielen verwenden.
Christopher Columbus: «Die Bälle sprangen höher als unsere Köpfe, fielen auf den Boden
zurück und sprangen nochmals höher als die Hand, die sie geworfen hatte. »
Charles Goodyear
Charles Goodyear experimentierte mit Kautschuk und suchte nach einer Methode, den Kautschuk,
der sich bei Hitze als weich und klebrig und bei Kälte als brüchig erwies, unempfindlich
gegenüber extremen Temperaturen zu machen. Nachdem er dem Kautschuk die verschiedensten
Materialien und Chemikalien hinzugefügt hatte, kam er 1839 durch Zufall zu einer Lösung:
Eine Schwefel-Kautschuk-Mischung fiel auf eine heiße Herdplatte und das Ergebnis war eine
trockene und dauerhaft elastische Substanz. Der mit Schwefel vermischte Kautschuk verwandelte
sich bei Erhitzung in einen neuen Stoff, in Gummi. Damit hatte Goodyear die Vulkanisation entdeckt.
Die Entdeckung der Vulkanisierung durch Charles Goodyear führte nach 1839 zur einem enormen
Wachstum der Nachfrage von Kautschuk. Bald war Kautschuk ein wichtiger und gefragter Rohstoff für
viele Produkte der Industrialisierung und liess Städte von enormem Prunk
und Reichtum im Urwald entstehen.
Der Kautschukboom
Der Kautschukboom bezeichnet die Zeit zwischen Ende des 19. Jahrhunderts und 1910, in der die
Stadt Manaus in Brasilien durch die Produktion von Kautschuk weltweit bekannt und reich wurde.
Um 1890 wurde aus dem kleinen Dorf Manaus eine Großstadt mit breiten Straßen, einer elektrischen
Straßenbahn und elektrischen Straßenlampen. Der Kautschukboom war auch durch die extravagante
Lebensart der Kautschukbarone geprägt. Die feinen Herrschaften liessen ihre Kleider in London waschen,
importierten Speis und Trank aus Europa; und selbst für die Pferde wurden Paläste gebaut.
Nirgendwo sonst auf der Welt wurden so viele Diamanten umgesetzt wie damals in Manaus.
Paris und Londons führende Modehäuser hatten ihre Dependancen in der am Amazonas gelegenen Stadt Manaus.
Teuerste und exklusivste Möbel, Geschirr, Bestecke schmückten die Häuser und Tafeln der Kautschukbarone.
Die Aussenwände ihrer Häuser waren mit Kacheln aus Spanien und Portugal geschmückt und die
schmiedeeisernen Balkone stammten aus Frankreich. Die Damen hüllten sich in Pelz, liessen ihre Zähne mit
Diamanten besetzen - dem Überfluss schienen keine Grenzen gesetzt. Nur das Beste und Exklusivste war gut
genug um der neureichen Gesellschaft zu gefallen.
Das Opernhaus im Dschungel
Den Höhepunkt der Extravaganz aber stellte der Bau des Teatro Amazônico in Manaus dar. Ein Opernhaus
mitten im Dschungel. Architekten, Baumeister, Maler und Künstler aus ganz Europa wurden engagiert und ein
Grossteil der Baumaterialien stammte aus Europa. Die Kronleuchter aus Venedig, die Kacheln für die goldene
Theaterkuppel aus Lothringen, der Marmor aus Italien, die Ornamente aus Paris, die Pflastersteine vor der
Oper wurden aus Portugal importiert und in Manaus mit einem Sand-Kautschuk-Gemisch überzogen, um die
Vorführungen nicht durch vorbeifahrende Pferdefuhrwerke zu stören. Das im neoklassizistischen Stil erbaute
Theater wurde 1883 in Auftrag gegeben und am 7. Januar 1897 fand in Manaus mit „La Gioconda“ von
Amilcare Ponchielli die erste Opernaufführung statt.
Das Ende einer kurzen Epoche
Dank der zunehmenden Mobilität, der Entwicklung des Automobils und der Notwendigkeit einer Bereifung der
Räder war die Nachfrage in Amerika, Europa und deren Kolonien nach Kautschuk enorm gestiegen.
Die brasilianische Regierung erliess ein striktes Ausfuhrverbot, aber trotz Androhung der Todesstrafe war
es dem Engländer Henry Wickham gelungen 70 000 Kautschuksamen ausser Land zu schmuggeln. In Gewächshäusern
in Kew Garden in London wuchsen aus den Samen 2000 kleine Bäume, die später nach Malaysia verschifft wurden.
Acht Kautschukpflanzen überstanden die Überfahrt, der Grundstock sämtlicher Kautschukplantagen in Südostasien.
20 Jahre nach der illegalen Ausfuhr begann der Preis des einstmals so wertvollen Rohstoffes zu purzeln.
England und Asien hatten das Kautschukmonopol gebrochen, der Kautschukboom war beendet. Bereits 1907,
erst 10 Jahre nach der Eröffnung, erlebte das prächtige und stolze Teatro Amazônico seine letzte Opernaufführung.
Werner Herzog
74 Jahre später erlebt das Teatro Amazônico eine Renaissance. Der deutsche Regisseur Werner Herzog inszeniert mit
Claudia Cardinale und Klaus Kinski in den Hauptrollen sein Urwaldepos „Fitzcarraldo“. Die Anfangsszene des Films
spielt im Opernhaus in Manaus, im Teatro Amazônico und beginnt mit dem letzten Akt der Oper „Ernani“ von
Giuseppe Verdi mit Liveauftritten von Caruso und Sarah Bernhardt. Mit Holzbein, den Dolch in der Hand und
Verzweiflung im Gesicht geschrieben, sieht Sarah Bernhardt nach dem Selbstmord ihres Geliebten Caruso,
keine andere Möglichkeit mehr als sich selbst das Leben zu nehmen. Sarah Bernhardt, wird im Film dargestellt vom
1m90 grossen Pariser Schauspieler Jean-Claude Dreyfuss. Die anderen Opernsänger stammen aus Rio de Janeiro,
Buenos Aires und Mailand.
Der Abenteurer Fitzcarraldo, selbst ein Opernnarr, wird Zeuge dieses einmaligen Schauspiels im Teatro Amazonico
und beschliesst ein Opernhaus in den Dschungel zu stellen. Eine faszinierende Film- und Entstehungsgeschichte
des Films nehmen ihren Lauf.
Beat Presser hat 1981 die Dreharbeiten im tropischen Regenwald in Peru und in Manaus als Fotograf und
Kameraassistent begleitet. Die hier ausgestellten Fotografien entstanden während den Dreharbeiten von Fitzcarraldo.